Leseprobe 2

Leseprobe Teil 2

Zu Rezensionen geht es hier, zur Buchbestellung hier.


Freiburg, 31. Oktober 99


„Ihr seid alle meine Spiegel, Ihr seid alle mein Meister. Und ich bin der Schüler. Der Meister hört nie auf, der Schüler zu sein. Der Meister hört nie auf zu lernen. Das Lernen hört nicht auf. Es hört nie auf. Und es ist perfekt so. Ich würde gar nicht wollen, dass das Lernen einmal aufhört. Es ist wunderschön. Dieser Planet ist solch ein wunderbares Klassenzimmer.“


Stille. Und ich denke: Oh, Samarpan, wie schön.



Zürich, 1. November 99


„Samarpan, was sagst du eigentlich zum Thema ‘Falsche Meister’?“


„Eine interessante Frage. – Es gibt diesbezüglich eine Geschichte. Es ist dies die Geschichte eines Schülers, der so in Liebe, der so hingegeben an seinen Meister war, dass er auf dem Wasser gehen konnte, sobald er den Namen seines Meisters aussprach. So groß war sein Vertrauen in den Meister. Diese Tatsache bekam eines Tages auch sein Meister zu hören, und er dachte bei sich: ‘Also wenn mein Schüler auf dem Wasser laufen kann, dann muss ich als dessen Meister das ja erst recht können.Toll! Das werde ich gleich ausprobieren.’ Und so ging er ans Wasser, rief seinen eigenen Namen und marschierte los. Leider funktionierte es nicht und da er vergessen hatte, dass er überhaupt nicht schwimmen konnte, ertrank er. – Schaut: Es geht weniger darum, ob der Meister ‘richtig’ oder ‘falsch’ ist, sondern vielmehr um die Aufrichtigkeit des Schülers. Wenn du in Liebe mit dem Meister bist, dann denke nicht darüber nach, ob dieser Meister nun ‘richtig’ oder ‘falsch’ ist; das ist nur der Verstand. Der Verstand weiß nichts von Liebe. Der Verstand weiß nichts von Vertrauen. Gib dich einfach dieser Liebe hin, vertraue auf diese Liebe. Um alles weiter kümmert sich der Satguru, der wahre Meister, das Göttliche, dein eigenes Selbst. Kein Problem.“

Zürich, 2. November 99


Bin dieses Mal in Winterthur untergebracht. Liege jetzt im Bett und vom Nachttisch her sieht mich Samarpan an. Und so ist es häufig. Viele der Leute, bei denen ich wohne, haben auf ihrem Nachttisch – oder auch sonst in ihrer Wohnung – Fotos von Samarpan stehen, was insbesondere in der Phase, als ich ständig sexuellen Begegnungen hatte, doch mitunter recht irritierend war. Stets beobachtete Samarpan sozusagen aus nächster Nähe das Geschehen auf dem Bett. Bisschen unheimlich. Und vor allem hatte

ich immer das Gefühl, Samarpan ist mit dabei. Er kriegt alles mit und denkt sich seinen Teil.


Neben dem Foto von Samarpan stehen noch zwei weitere Bilder auf meinem Nachttisch: eines von Ramana und eines von Artur, der vor einiger Zeit noch neben mir im Satsang saß und mittlerweile selbst als Satsang-Geber durch die Gegend reist. Eben noch einer unter vielen und jetzt steht sein Bild auf den Nachttischen der Leute; direkt neben Ramana. Schon interessant.




Zürich, 3. November 99


„Wir können Gott nicht betrügen. Gott lässt sich nicht betrügen. Wenn es irgend etwas gibt, was du nicht bereit bist, hinter dir zu lassen, wird es nicht funktionieren. Gott sieht alles. – Einst gelüstete einen Schüler nach einem Huhn und da es eigentlich verboten war, ein Huhn zu töten, sagte der Meister zu ihm: ‘Gehe irgendwohin, wo du alleine bist, wo dir niemand zusieht.’ Nach ein paar Stunden kehrte der Schüler mit dem noch lebenden Huhn zurück und sagte: ‘Es ging nicht.’ ‘Wieso nicht?’, fragte der Meister, und der Schüler antwortete ihm: ‘Das Huhn sieht zu.’ – Das ist die Wahrheit. Gott sieht alles, was wir in unserem Leben je getan haben. Und solange es noch irgendeine noch so kleine Kleinigkeit in deinem Leben gibt, die du für dich behalten willst, die du Gott nicht zeigen willst, wird dir kein Zutritt zum Paradies gewährt.“


Kurze Stille.


„Und wisst ihr, es geht nicht um mich! Mich zu betrügen ist einfach. Ich bin nicht besonders schlau. Dieser Samarpan-Verstand ist nicht besonders schnell, er ist sehr einfach auszutricksen. Aber Gott kannst du nicht austricksen. Denn in Wahrheit ist Gott nicht getrennt von dir. Gott etwas vorenthalten zu wollen, hieße, dir selbst etwas vorenthalten zu wollen. Und das ist unmöglich. – Halte nichts zurück. Sei vollkommen nackt. – Schaut: Was immer der Verstand noch zurückhält: solange wir uns damit nicht zeigen wollen, geben wir dem Verstand Macht über uns. Satsang ist dazu da, damit wir uns all die Dinge, die wir bislang verborgen haben, im Licht der Wahrheit anschauen können. Wenn wir sie Hier im Satsang betrachten, sehen wir: Es ist nichts. Da ist nichts Falsches. Du hast nie etwas falsch gemacht. Gott verurteilt dich nicht für irgend etwas, was du getan oder nicht getan hast. Gott liebt dich, so wie du bist. Es sind nur unsere eigenen Urteile, die uns gefangen halten. Es ist nur unser eigener Verstand, der uns gefangen hält. Gib ihm überhaupt keine Aufmerksamkeit. Gib all deine Aufmerksamkeit auf die Wahrheit. Das ist der schnellste Weg zu Gott, der direkteste Weg zu der Erkenntnis, dass du nicht getrennt von Gott bist, dass du genaugenommen das Göttliche selbst bist.“

Zürich, 4. November 99


Zum Abendessen bin ich heute Abend bei dem Paar eingeladen, das Samarpan hier in Zürich beherbergt. Fühle ich mich deshalb schon den ganzen Vormittag über so übel? Wie auch immer: Ich versuche, mich so gut wie möglich einfach übel zu fühlen, ohne allzu viel darüber nachzudenken.


Schließlich parke ich vor ihrem Haus, und wer kommt da gerade von einem Spaziergang zurück? Samarpan! Und im Handumdrehen bin ich wieder bester Laune; verrückt! Und seltsam noch dazu. Mein Wohlbefinden scheint leider doch noch in irgendeiner Art und Weise von Samarpan abzuhängen, auch wenn ich lieber hätte, dem wäre nicht so.


Nach dem Essen sitzen wir beide alleine im Wohnzimmer, und mir brennt eine Sache unter den Nägeln, die mich seit geraumer Zeit immer wieder einmal beschäftigt. Bislang habe ich sie noch nie anzusprechen gewagt, da dies unter Umständen das Ende meiner Zeit als Samarpans Dolmetscher bedeuten könnte. Stille. Ich halte es kaum aus... puuuh...

„Äh, Samarpan... da ist etwas, was ich schon lange einmal fragen wollte... puuuuuh... Wenn man erkannt hat oder erkennt, dass Hier kein Meister ist, ist die Lernzeit ja eigentlich vorbei...“


Au, au! Was wird Samarpan wohl sagen??? Wann immer mein Verstand in den letzten Wochen mit dieser Thematik daher kam, habe ich ihm bzw. mir selbst gesagt: ‘Du bist jetzt und hier bei Samarpan, und das Leben ist diejenige Instanz, die entscheiden wird, ob und wann es vorbei ist. Also entspanne einfach.’ Doch leider hat sich mein Verstand damit nicht zufrieden gegeben und je mehr ich diese ganzen Gedanken von mir zu schieben versuchte, desto überzeugender klang sein Argument: ‘Besprich es nur nicht mit Samarpan! Wenn du es ihm gegenüber ansprichst, ist es aus, denn es ist die Wahrheit. Behalte es also lieber für dich und bleib einfach still.’


Puuuh, und jetzt HABE ich es angesprochen... eieieieiei.


„Das Lernen endet nie“, höre ich Samarpan in diesem Moment sagen, schließe meine Augen und versuche zu fühlen, was gerade an Gefühlen da ist. Angst! Ich öffne meine Augen und sehe, dass Samarpan seine Augen geschlossen hat. Also schließe auch ich meine wieder. Puuh. Ich fühle mich total zittrig, aber ich nehme auch ganz viel Liebe von Samarpan wahr.


Minutenlang sitzen wir einfach nur in Stille da, und ich komme mehr und mehr in Frieden.


Als ich meine Augen schließlich wieder öffne, ruhen Samarpans liebevoll auf meinen. Es scheint alles in Ordnung zu sein... ich darf noch im ‘Nest’ bleiben... puuuuuuuuh!


Zu Rezensionen geht es hier, zur Buchbestellung hier.

Share by: